
Silberwarenfabrik Gebr. Köberlin
- 1873 übernehmen Johannes (Hans) und Hugo Köberlin das Gold- und Silberwarengeschäft auf dem Niedermarkt Nr. 15. Das Geschäft hatte Carl Wilhelm Leyritz aus Chemnitz 1828 als Goldwarengeschäft in Döbeln eröffnet. Er stellte Ohrringe, Broschen und Ringe her. Als um 1850 der Verkauf von Goldwaren zurückgeht, beginnt Leyritz mit der Herstellung von Silberwaren.
- Die beiden neuen Inhaber nennen die Firma "Besteckfabrik Gebr. Köberlin Döbeln in Sachsen". In den Werkstätten im Hinterhaus werden silberne Tafelbestecke und Kunstgegenstände produziert und im Vorderhaus verkauft.
- Als Hans Köberlin stirbt, übernimmt der dritte Bruder, Richard Köberlin, auf Bitten der Witwe die Leitung. Allerdings verkauft diese den Betrieb hinter dem Rücken des Geschäftsführers am 18. Mai 1898 an ihren Schwager Alfred Schmidt aus Dresden, der 1903 seine Söhne Walter und Oscar mit der Leitung des Betriebs beauftragt.
(1) In diesem Haus am Niedermarkt wurde nicht nur der berühmte expressionistische Maler Erich Heckel geboren, sondern hier liegen auch die Ursprünge der Silberwarenfabrikation durch die Gebr. Köberlin. Das Unternehmen bewirbt sich selbst als älteste Besteckfabrik Sachsens.
(2) und (3) Aufnahmen um 1900 - Das Geschäft firmiert unter "Silberwarenfabrik Gebr. Köberlin - Größtes Lager in Gold-, Silber- & Alfenidwaren" (Alfenide = weniger gebräuchliche Bezeichnung für eine Legierung aus Nickel, Kupfer und Zink).

- Walter Schmidt errichtet 1913 mit seinem Bruder Oscar an der äußeren Bahnhofstraße eine neue Silberwarenfabrik.
- Hier stellt man weiter hochwertige Silberwaren her, beginnt aber auch mit der Massenherstellung von Alpacca-Besteck (Alpacca oder Neusilber ist ein silberfarbenes Metall, das aus einer preiswerten Kupfer-Nickel-Zink-Legierung besteht.).
- 1937 kostet ein Viererset mit Messer, Gabel, Löffel und Kaffeelöffel 8 Mark, weit mehr, als ein Arbeiter am Tag verdient.
(1) Postkarte von der neuen Silberwarenfabrik, 1920er Jahre
(2) Das alte Hauptgebäude der Silberwarenfabrik gehörte später zum VEB DBM und wurde für die Lehrlingsausbildung bzw. als Lehrlingswohnheim genutzt (Foto 70er Jahre).
(3) Das mehrstöckige Hauptgebäude der Silberwarenfabrik hat die Zeiten überdauert. Nach der Wende fand es als Haus E des Beruflichen Schulzentrums Döbeln-Mittweida Verwendung. Derzeit ist hier die Volkshochschule untergebracht (Foto 2023).
(4) Die angegliederten ebenerdigen Fabrikhallen sind nicht erhalten. Das Gelände gehört heute zur Veolia Wasser Deutschland GmbH (Foto 2023).
- Während des Zweiten Weltkrieges werden fast alle Metalle konfisziert. Der Betrieb kommt fast zum Erliegen.
VEB Silberwaren- und Besteckfabrik, kurz Sibefa
- 1954 wird der Betrieb verstaatlicht. Die DDR hat eine hohe Akzise auf Silber eingeführt. Zum Materialpreis von vier Pfennig pro Gramm soll eine Abgabe von 50 Pfennig kommen. Als eine Wirtschaftskontrolle einen Mehrbestand an Silber feststellt, wird der Betrieb enteignet. Aus der Firma Gebr. Köberlin wird der VEB Silberwarenfabrik, später Silberwaren- und Besteckfabrik, kurz Sibefa.
- 1958 werden erstmals in größerem Umfang Bestecke exportiert. 50 000 Garnituren gehen nach Polen und in die Türkei.
- Wegen des Silbermangels in der DDR wird der Betrieb 1965 geschlossen. Die Gebäude stellt man dem VEB DBM zur Verfügung. Das Hauptgebäude der Fabrik wird zur DBM-Betriebsschule (Berufsaus- und -weiterbildung, Polytechnik und Erwachsenenqualifizierung). Auch die Mitarbeiter werden vom VEB DBM übernommen. Man braucht Beschäftigte für die Waffenproduktion im Werk 2, Grimmaische Straße (ehemals Großfuß).
- Das Hauptgebäude des Unternehmens wird nach 1990 vom Landkreis übernommen und vom Berufsschulzentrum als Haus E genutzt. Derzeit ist hier die Volkshochschule untergebracht. Die Fabrikhalle, die ehemalige Presserei, die Galvanik und das Heizhaus werden im Januar 1999 abgerissen. Auf dem Gelände findet man heute die Veolia Wasser Deutschland GmbH - Niederlassung Döbeln.
Silberwarenfabrik Richard Köberlin

- Der langjährige Prokurist der Firma Gebr. Köberlin, Richard Köberlin, scheidet 1899 aus der Firma aus und gründet in der Leisniger Straße 3 eine eigene Fabrik für Silber- und Alpacca-Bestecke mit 12 Beschäftigten. 1906 treten der Sohn Walter Köberlin und 1912 Eugen Müller aus Dresden als Teilhaber in das Geschäft ein.
- 1928 stirbt Richard Köberlin und sein Sohn Walther übernimmt die Leitung der Firma.
- Da im Zweiten Weltkrieg nahezu alle Metalle konfisziert werden, wird die Produktion fast eingestellt.
- Nach dem Krieg stellt die Firma vernickelte Eisenlöffel her, da kein Silber zu beschaffen war.

- 1954 führt der Staat eine Akzise auf Silber ein. Für ein Gramm Silber, das bis dahin 4 Pfennige gekostet hatte, mussten nun 54 Pfennige bezahlt werden.
- Seit dem 01. Juli 1959 arbeitet der Betrieb mit staatlicher Beteiligung. Gesellschafter ist anfangs die Deutsche Investbank Berlin, dann der VEB (K) Sibefa Döbeln, ab dem 15. November 1965 der VEB ABS Aue (Auer Besteck- und Silberwarenwerke). Private Gesellschafter sind Frieda Köberlin (Witwe des 1957 verstorbenen Walther Köberlin), Frau Marianne Günther, geb. Köberlin und Frau Elfriede Kemps, geb. Köberlin.
- 1960 werden die Maschinen von Transmission auf Elektromotoren umgestellt.
- 1962 wird die Produktion von silbernen Bestecken eingestellt. Man produziert nur noch Alpaccabestecke unter Verwendung sehr geringer Silberauflagen.
- 1964 übernimmt der Enkel Walther Köberlins, Dipl.-Ing. Christian Günther, die Leitung der Firma. Er ist am 12. August 1963 in den Betrieb eingetreten.
- Als die Sibefa (früher Gebr. Köberlin) 1965 die Produktion einstellen muss, übernimmt die Firma Richard Köberlin Werkzeuge und Aufträge.
VEB Besteckfabrik Döbeln

- 1970 wird in der DDR ein staatliches Verwendungsverbot von Silber bei der Besteckproduktion erlassen. Man stellt auf Aluminiumbesteck um. 1973 werden 400 000 Besteckgarnituren und 174 000 Kaffeelöffel hergestellt. Umsatz: 1,7 Millionen DDR-Mark.
- 1972 wird der Betrieb in der letzten Enteignungswelle verstaatlicht, heißt fortan VEB Besteckfabrik Döbeln.

- Seit 1980 gehört der Betrieb zum VEB Auer Besteck- und Silberwaren und nennt sich VEB Auer Besteck- und Silberwarenwerke Werk Döbeln.
- Zwangsabgaben auf die erwirtschafteten Gewinne lassen keine Modernisierung der Produktion zu. Maschinenpark und Mitarbeiter werden immer älter. 1988 forciert der Betriebsleiter aus den genannten Gründen die Schließung des Unternehmens. Die 30 Mitarbeiter werden vom VEB Haushaltsgeräte Karl-Marx-Stadt, Werk Döbeln (früher VEB Rationalisierung) an der Zschepplitzer Straße übernommen.
Abtransport der alten Pressen nach Schließung des Betriebs in der Leisniger Straße.
- Der Betrieb wird 1993 reprivatisiert und beherbergt nachfolgend die Schilder- und Stempelfabrik Döbeln.
- Nach Richard Köberlin ist heute eine Straße im Gewerbegebiet Döbeln-Ost benannt.
© Michael Höhme, "Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln" e.V.
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Döbeln und seine Traditionsbetriebe
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Döbeln und seine Industriegeschichte
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