Krankenhaus

Wo Döbelner unters Messer kommen. Dies ist nicht, wie vielleicht die Titelzeile vermuten lässt, ein Artikel unserer Regenbogen-Presse. Vielmehr wollen wir das 125-jährige Jubiläum des Döbelner Stadtkrankenhauses beleuchten.

Seit Menschen auf der Erde leben, gehört es zu ihrem Dasein, dass sie sich mit mehr oder weniger großen gesundheitlichen Problemen herumplagen müssen, zu deren Abhilfe medizinischer Sachverstand nötig ist. Diesen in grauer Vorzeit zu finden, war schwer und oft vergeblich.

Pieter Jansz Quast, Der Wundarzt, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Alte Pinakothek München

Natürlich gab es die Bader, die Wundärzte, die Feldscher oder auch weise Frauen, die in derartigen Fällen aufgesucht wurden. Ein dunkles Kapitel stellt die Verunglimpfung von Frauen dar, die mittels Kräuterheilkunde erfolgreich wirkten, aber durch Argwohn, List und Neid als Hexen diffamiert auf dem Scheiterhaufen endeten. Schnell konnte man an einen Kurpfuscher, Scharlatan oder Quacksalber geraten, die zwar den Geldbeutel erleichterten, aber das Leiden nicht mindern oder heilen konnten.

Viel Arges erlitten die Bürger, deren Leiden auf städtischen Märkten zum Gaudium des schaulustigen Publikums von Zahnreißern, Starstechern oder Steinschneidern „kuriert“ wurden. Dies mit einem Instrumentarium, das jeder schaurigen Folterkammer zugehörig sein konnte. Sehr oft geschah diese Behandlung auch in den Wohnungen der Patienten, in denen auch ihr Krankenlager stand. Auf ein Krankenhaus, wie wir es heute kennen, mussten die Döbelner Einwohner lange warten.

Erste Versuche, in Döbeln ein Krankenhaus zu etalbieren, gab zu Beginn des 14. Jahrhunderts. Im Jahre 1303 gründete der damalige Schlosshauptmann Johann von Seuschin das Sankt-Georg-Hospital. Es bestand aus zwei Häusern, die stadtauswärts nach der Oberbrücke standen. Als im Jahre 1338 die Nonnen des Benediktinerordens (ora et labora) von Staucha in den Schutz der Döbelner Burg umsiedeln wollten, stimmte von Seuchin diesem Ansinnen mit der Maßgabe zu, dass die Klosterjungfrauen fortan 24 kranke und gebrechliche Döbelner in besagtem Hospital pflegen sollten.

Blick zum Wappenhenschstift, dem ehemaliger Standort des St.-Georg-Hospitals

Dies taten die frommen Schwestern bereitwillig und wie wir heute wissen, ist dies bis zum Jahre 1529 belegt. Danach löste sich das Kloster, das im heutigen Klosterviertel angesiedelt war, reformationsbedingt auf. Außer dem „reichen“ Sankt-Georg-Hospital gab es ab 1403 an der Dresdner Straße vor den Toren der Stadt das „Hospital zum fernen Siechen“. Bis zu seinem Abriss im Jahre 1863 hielt man dort die Bürger mit ansteckenden Krankheiten von der Stadt fern, indem man sie hier isolierte. An dessen Stelle errichtete man später eine Zwangsarbeitsanstalt. Aber auch die Häuser des Sankt-Georg-Hospitals entgingen nicht dem Abriss, da sie an der Oberbrücke die Durchfahrt einengten. In den Jahren 1906/07 entstand in diesem Bereich das Wappenhenschstift.

Das alte Militärlazarett, heute ein Motorradhandel

Im Jahre 1819 wurde in der Dresdner Straße 10 – an der Gabelung zur Ziegelstraße - für die Döbelner Garnison ein Militärlazarett erbaut. 1841 erfolgte die Umgestaltung in das erste Döbelner Stadtkrankenhaus. Als jedoch im Juni 1866 der Preußisch-Österreichische Krieg ausbrach, nahm das Militär das Haus wieder für zwei Jahre in Besitz. Insgesamt 40 Jahre erhielten in dieser Einrichtung Kranke und Verletzte Fürsorge und Hilfe. Das Haus steht in seiner Grundsubstanz noch am selben Ort, allerdings werden dort jetzt Motorräder verkauft.

Am 15. August 1881 eröffnete an der Sörmitzer Straße oberhalb der Freiberger Mulde das für die damalige Zeit moderne neue Döbelner Stadtkrankenhaus. Die Kapazität reichte für 40 Patienten. Als Personal standen bereit: Herr Dr. Korb, Krankenhausarzt im Nebenamt, und zwei Krankenschwestern. Die wirtschaftliche Führung des Hauses oblag einem Hausmeister. Er wurde von seiner Ehefrau und zweier Dienstmädchen unterstützt. Heute würden wir dazu sagen: „Voll durchrationalisiert.“

Städtisches Krankenhaus in der Sörmitzer Straße
Idyllischer Anblick - ein Krankenhaus, direkt am Fluss und mitten im Grünen

Im Oktober 1900 eröffnete man im Krankenhaus Döbeln eine chirurgische Abteilung mit 42 Betten. Nach Einführung der Intubationsnarkose ab 1895 entwickelte sich die Chirurgie rasant. Nach Plänen vom Stadtbaumeister Richter erhält das Haus 1923 seitliche Anbauten und ein zweites Stockwerk. Eine Laboreinrichtung und eine Röntgenabteilung gingen in Betrieb. 1927 schaffte sich das Krankenhaus ein Auto an, um mit den zur Verfügung stehenden logistischen Möglichkeiten die Versorgung zu verbessern. Die Bettenzahl stieg auf 170.

Das zum Krankenhaus zugehörige Entbindungsheim befand sich ab August 1945 in der Bahnhofstraße 9 in der Knoblochschen Villa. Schon im Januar 1946 erblickte das 100. Kind das berühmte Licht der Welt in Döbeln: 56 Mädchen und 44 Jungen waren bis zu diesem Zeitpunkt geboren. Das waren Zahlen, von denen man heute in Döbeln nur träumen kann.

Sechs Jahre später zog das Heim in die Otto-Johnsen-Straße Nr. 6. Hoch über der Stadt gelegen, konnte dies sinnbildlich als ein idealer Storchen-Landeplatz zur Entbindung bezeichnet werden. Leider aber erhielt ab 1970 kein neuer Erdenbürger mehr den Geburtsort Döbeln in sein Stammbuch eingetragen, denn die Döbelner kamen nun in Leisnig zur Welt. Vielleicht kehrt das Heim einmal wieder nach Döbeln zurück? Der berühmte Döbelner Riesenstiefel wartet ja auch schon seit 1957 auf der Leisniger Burg auf seine Rückkehr nach Döbeln.

1960 wird das Krankenhaus um einen Anbau erweitert.

Im Oktober 1958 übergab Herr Dr. med. Christian Beßler seine im Jahre 1905 in der Bahnhofstraße gegründete Privatklinik als Geschenk der Stadt Döbeln. Von Seiten des Krankenhauses wurden dort bis zur Wendezeit HNO-Patienten behandelt. Später kam eine Augenabteilung dazu. An der Sörmitzer Straße erhielt das Stadtkrankenhaus in nördliche Richtung weisend einen neuen Anbau, in dem die Chirurgische Ambulanz, OP-Räume und eine Frauenstation Unterkunft fanden. Kurze Zeit später entstand in dem nach Sörmitz liegenden hinteren Bereich das so genannte Steinhaus, welches als Kinderstation und für die Intensivpflege genutzt wurde. Im Haupthaus installierte man einen Fahrstuhl und in Richtung Mulde kam ein vorgebauter Aufnahmetrakt hinzu. Schon in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erfuhr das Steinhaus Veränderungen, zum Beispiel kam eine gynäkologische Abteilung hinzu.

Luftbildaufnahme des Döbelner Krankenhauses
Luftbildaufnahme des Döbelner Krankenhauses (Foto: Wolfgang Sens, Döbelner Allgemeine Zeitung)

Im Januar 1993 ging das Döbelner Krankenhaus in die private Trägerschaft von Dr. med. Karl-Heinz Drogula über, der die Einrichtung für 600.000 DM von der Stadt erwarb. Bis auf den heutigen Tag herrscht seitdem an diesem Standort eine rege Bautätigkeit. Altsubstanz, wie das Steinhaus, verschwand für immer. Nach Sörmitz zu entstand zuerst ein zweigeschossiger Containerbau, in dem seit Januar 1996 die neue Innere Abteilung untergebracht wurde. Davor wurde ein Hubschrauberlandeplatz für „eilige Kundschaft“ angelegt. Weitere Gebäude wuchsen hoch. Der komplette erste Bauabschnitt mit Endoskopiebereich, Intensivstation, OP-Trakt und zwei Stationen für die Orthopädische Chirurgie erlebte 1998 seine Übergabe zur Nutzung.

Der zweite große Bauabschnitt, bestehend aus der Röntgenabteilung, dem Labor, zwei weiteren Stationen und der Physiotherapie inklusive Schwimmbecken, konnte im Jahre 2000 übergeben werden. Insgesamt bewegten sich die Baukosten im hohen zweistelligen Millionenbereich. Die Neubauten hinter der Ostfront des Althauses erstrecken sich nun parallel zur Blumenstraße vom Steig am Krankenhaus bis zur Oberranschützer Straße an der Nordflanke von Sörmitz. Vor dem Altbau zur Mulde hin und ansteigend bis zum Hubschrauber-Landeplatz entstanden Parkanlagen mit Bepflanzungen und schönen Wegen, auf denen die Orthopädie-Patienten gleich ihre neuen „Einbauten“ testen können.

Einfahrt zum Krankenhaus
Einfahrt zum Krankenhaus

Für sein großes Engagement und seine Verdienste um das Medizinwesen erhielt Dr. med. Drogula im Dezember 1997 das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Die Bauten zum Krankenhaus sind die eine, die Technik und das Fachkräftepotential die andere Seite eines guten Krankenhauses. Dazu einige Zahlen und Fakten: Seit dem Jahre 2005 ist das Haus mit 176 Betten (Orthopädie 50, Chirurgie 50, Innere 70 sowie 6 Belegbetten für niedergelassene Ärzte Döbelns der Fachbereiche Urologie und Gynäkologie) ausgestattet. Im Krankenhaus arbeiten 250 Beschäftigte. Mit der Übernahme entstanden 70 neue Arbeitsplätze. Das Personal ist auf dem neuesten Wissensstand und wird laufend geschult. Durch modernste Operationsmethoden, vielfach minimalinvasiv ausgeführt, werden die Patienten schonend behandelt und so die Verweilzeit im Krankenhaus in vertretbaren Bereichen gehalten. Wesentliche Unterstützung finden die Ärzte durch die integrierte Anwendung von hochmodernen Geräten und neuen Methoden zur Diagnostik wie Endoskopie, Sonografie, Computertomografie, Angiografie und vieles andere mehr.

Das Krankenhaus Döbeln hat einen Einzugsbereich weit über die städtischen Grenzen hinaus. Sein guter Ruf bezüglich Qualität und Fachkompetenz hat sich mehr als herumgesprochen. Das Niveau im Döbelner Haus braucht keinen Vergleich mit Universitätskliniken zu scheuen. Döbeln ist spezialisiert im Bereich der Bauchchirurgie, der Gefäßchirurgie und auf dem Gebiet der Endoprothetik (künstliche Hüft-, Knie-, Schulter- und Ellenbogengelenke). Weitere Spezialgebiete sind in Vorbereitung.

Seit 2005 steht Herr Dr. med. Ralf Lange, welcher Herrn Dr. med. Volker Schliebe als leitenden Chefarzt ablöste, an der Spitze des Krankenhauses. Er zog mit seiner Familie 2003 nach Döbeln. Ralf Langes Devise lautet: „Wir müssen hier besser sein als die Unikliniken!“. Die bisherigen Arbeitsergebnisse im Haus beweisen, dass dies keine leeren Worte sind.

Das sind gute Aussichten für die Zukunft des Döbelner Krankenhauses, welches, wenn die erforderlichen Gelder bereitliegen, in den dritten Bauabschnitt einsteigen will. Dann wird das Ursprungsgebäude, das in diesem Jahr 125 Jahre alt wird, auf Vordermann gebracht und rekonstruiert.

In diesem Sinne:
Gute Besserung und bleiben Sie schön gesund!

Gerhard Heruth
"Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln" e.V.
Mitgliederinformation Nr. 30
Mai 2006

Klinikum Döbeln 2024

Abbildung:
Der Wundarzt: URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/ApL8g22xN2, CC BY-SA 4.0