Einkaufsmeile

Als Shopping noch Einkaufen hieß - ein nostalgischer Einkaufsbummel auf der Döbelner Muldeninsel

Als vor langer, langer Zeit die ersten Menschen auf unserer Erde lebten, waren sie immerfort auf der Suche nach Trink- und Essbarem. Man nannte sie Jäger und Sammler. Alles zum Leben Notwendige, wie Kleidung, Gerätschaften und Unterkunft, wurde von jedem selber angefertigt und besorgt.
Im Laufe vieler Jahrhunderte kam es durch Arbeitsteilung zu einer Aufgliederung in Produzenten und Konsumenten, sprich zu Erzeugern und Verbrauchern. Und mit der Einführung von Zahlungsmitteln und Geld war fortan alles käuflich erwerbbar.
In unserer heutigen Zeit nutzen die Menschen vielfach Supermärkte und Kaufcenter für ihre Besorgungen. In Döbeln zählt man sogar zehn solche „Einkaufstempel“. Manche entstanden am Stadtrand auf der grünen Wiese, ausgestattet mit großen Parkplätzen für die „Blechkarossen“ der werten Kundschaft.
Mit übergroßen Einkaufswagen schieben sich die Käufer in den Märkten durch die vielen langen Regalreihen. Diese sind von unten bis oben gefüllt mit zahlreichen Produkten in meist grellbunter Verpackung.
Kleinwüchsige langen nicht bis ganz hoch und Ältere müssen sich mühsam nach unten bücken. Wenn man eine gewünschte Ware nicht gleich findet oder anderweitigen Rat benötigt, ist die Suche nach Verkaufspersonal meist mühselig oder manchmal fast erfolglos.
Modern ausgerüstete Kunden rufen dann, um Rat einzuholen, genervt zu Hause an. Oft werden in den Märkten die Waren umgeordnet, damit die Kunden in Bewegung bleiben und die ganze Angebotspalette kennen lernen.
An der Kasse bildet sich meist - wie in alten Zeiten - eine Warteschlange. Wageninhalte müssen auf das Warenband gepackt werden, um die Kaufpreise an der Kasse per Scanner zu erfassen. Ein oftmals nervender Vorgang. Die begleitenden Kinder quengeln nach verlockenden Süßigkeiten im Kassenbereich und manch einer hält alle auf, weil er die PIN seiner Geldkarte nicht mehr weiß, oder eine vom Warenband gerollte Flasche zerschellt am Boden und verlangt nach Reinigungspersonal.
In der Eingangszone der Märkte sind kleinere Verkaufsstände ortsansässiger Händler angesiedelt und erwarten ein “Zubrot“. Das erinnert etwas an das Fischreich, wo die großen Fische von kleineren umschwärmt werden und nach Resten gieren.
Früher schalteten die Händler in den Tageszeitungen kleine Werbeanzeigen. Heute sind es ganze Zeitungsseiten und die Briefkästen der Kunden werden mit Werbeschriften randvoll gefüllt. Mehr als früher gilt der Spruch: „Wer nicht wirbt - der stirbt!“
Beliebt bei einigen Kunden sind dabei offerierte Sonderangebote der Märkte. Dann mutieren Kfz-mobile Mitbürger zu Schnäppchenjägern. Natürlich ausgestattet mit dem I-Phone inklusive Barcode-Scanner. Immer voller Misstrauen, aber nach der Jagd auf den Tiefstpreis voller Euphorie. Das macht süchtig, vermuten Wissenschaftler.
Das erinnert an die früheren Jäger und Sammler, die waren aber kosten- und umweltgünstig per pedes unterwegs. Und gesammelt wird heute auch:
Treuepunkte! Die Nachkriegsgeneration kennt ja noch eine andere Sammelleidenschaft, als wir nach 1945 auf fast abgeernteten Feldern mühsam Ähren lasen und Kartoffeln stoppelten.
Und dann kam der Konsum, als Handelsgenossenschaften mit Kundenmitgliedschaft und den Rabattmarken einschließlich Einklebebuch lockten. Eine Leidenschaft, denen nicht nur die Ehefrauen in den 60-er und 70-er Jahren frönten.
Dieser Blick in das heutige Shoppingleben, das sich auf gehobener Ebene auch im Internet auslebt, möge hier genügen.
Wir drehen nun die Zeit einige Jahrzehnte zurück und schauen in die Jahre, als shoppen noch Einkaufen hieß.

Als Shopping noch Einkaufen hieß - ein nostalgischer Einkaufsbummel auf der Döbelner Muldeninsel

Für unseren Einkaufsbummel auf der Muldeninsel haben wir uns eine Strecke quer durch Döbeln zwischen Niederbrücke und Oberbrücke ausgewählt.
Wir laufen durch die Johannisstraße zur Südseite des Niedermarktes und gehen über ein Stück Breite Straße bis hin zur Fronstraße. Diese entlang geht es bis zur Kreuzstraße, von der wir auf den Obermarkt einbiegen. Auf diesem betrachten wir die Häuser der Süd- und Ostseite sowie einige der Gebäude des Häuserkomplexes in der Platzmitte näher. Danach passieren wir die Sattelstraße und biegen in die Ritterstraße ein. Wir beenden unsere Tour dann an der Oberbrücke.
Ein Auto für den Einkauf brauchten wir damals nicht und hatten darum auch keine Not mit der Parkplatzsuche. Zum Warentransport bedurfte es einer geräumigen Tasche und für gewichtigere Artikel eines kleinen Handwagens. Zu DDR-Zeiten stets am Mann oder an der Frau - ein leicht verstaubarer Dederon-Beutel. Vorsorglich für den Fall, dass man unterwegs auf Südfrüchte oder auf gutes Bier stößt - immer erkennbar an einer „Wartegemeinschaft“ vor einem Laden.
Auf unserem Weg schauen wir vor allem in Läden, die mancherlei Wirren, wie Hochwasser und den politischen Wandel, überlebt haben. Denn es sind an einigen Stellen der Stadt in den 1970-er Jahren nicht nur Häuser, sondern ganze Straßenbereiche samt ihren darin installierten Geschäften verschwunden. Damit wollen wir bei unseren älteren Lesern Erinnerungen wachrufen, die anlässlich ihrer Feier zum „Goldenen oder Diamantenen Abitur“ individuell vertieft werden können.

Das Eckhaus an der Johannis- und der Theaterstraße beherberte viele Jahre die Gemüsehandlung Gallitschke.

Die Niederbrücke hin zum Niedermarkt verbindet die Johannisstraße. So benannt nach Johannis dem Täufer, dem Schutzpatron der Benediktinernonnen, die 1330 im Döbelner Klosterviertel zu Hause waren und dort bis zur Reformation im 16. Jahrhundert blieben. Besagte Straße zum Niedermarkt und die Häuser an deren Südseite waren einmal eine beliebte Einkaufsmeile, in welcher sich Laden an Laden reihte.
Kurz nach der Niederbrücke kreuzt die Theaterstraße die Johannisstraße. In dem Eckhaus gab es über viele Jahre die Gemüsehandlung Gallitschke. Bekannt machten ihn seine flotten Sprüche, mit denen er enttäuschte Kunden aufmunterte, wenn Südfrüchte und anderes Grünzeug wieder einmal alle waren.

Foto 1: Blick von der Theater- in die Zwingerstraße, rechts die alte Neugasse, Juni 1974 / Foto 2: Blick von der Theater- in die Zwingerstraße 2015

An dieser Kreuzung beginnt heute die Zwingerstraße. Früher begann hier die Neugasse, an welche heute nur noch ein Straßenschild erinnert. Bekannt waren in dieser Gasse die Molkerei Lipsius und die anheimelnde Gaststätte „Grüne Laube“.
In den 1970-er Jahren verschwand die Neugasse, deren Häuser der rechten Seite der Johannisstraße folgten. In der Neugasse entstand ein Wohnblock mit Geschäften im Erdgeschoss. Hier fährt heute die Pferdebahn auf ihrem Weg zu ihrem Museum samt Wagendepot vorbei.

Foto 1: Blick in die Johannisstraße Richtung Niedermarkt 09.05.1975 www.döbeln.de / Foto 2: Blick in die Johannisstraße Richtung Niedermarkt 2015

Drei frühere Geschäfte der Johannisstraße seien hier erwähnt. Im Haus Nr. 3 war die Papierwarenhandlung und Buchbinderei von Oswald Ball seit dem Jahre 1844. Die Schüler der Körnerplatzschule holten bei Ball ihr gesamtes Schulzeug. Auch Dekorationsartikel gab es in Vielzahl für allerlei Festlichkeiten bis hin zum begehrten Silvesterfeuerwerk, was bei Ball zum Angebot gehörte. Daneben in Haus Nr. 2 roch es seit 1892 immer wie auf einem orientalischen Basar. Seifen-Finster hatte eine reichhaltige Warenpalette an Parfüms, Seifen und Waschmitteln für die Döbelner Hausfrauen in seinen Regalen.

Damals wie auch heute wurden in der Johannisstraße 10 Haushaltswaren verkauft.

In der Johannisstraße 10 luden bei Brand große Schaufenster bis hin zum Niedermarkt zum Kauf von Glaswaren und Haushaltartikeln ein. Heute bietet dort das Familienunternehmen Kretschel in zweiter Generation ein ähnliches Sortiment an.
Wir biegen hier nach rechts auf den Niedermarkt ein. Damals wie heute reihen sich in Döbelns „guter Stube“ eine große Zahl von Geschäften aneinander. Einige Namen früherer Anbieter sind bis heute erhalten geblieben. Die uns geblieben sind, wollen wir benennen.

Ein Blickfang vom Niedermarkt aus - das auffällig Thallwitzhaus in der Breiten Straße. Rechts an der Einmündung der Johannisstraße wurden und werden Haushaltswaren verkauft. Postkarte 1910

An der Marktsüdseite ist die Konfektionsfirma von Karl Damm aus früherer Zeit bekannt. Dazu gehörte auch der Anbieter Hollenkamp. An der Südostecke, wo heute der Stiefelbrunnen plätschert, führt die Breite Straße vorbei, die früher zur Bäcker- und Fronstraße gehörte (bis 1838). Hier steht das auffällige Thallwitzhaus. In diesem Haus „Breite Straße 5“ eröffnete Rudolph Thallwitz eine Druckerei mit Zeitungsverlag bereits im Jahre 1888. In Haus daneben, in Nr. 4, ist die Firma Roßberg schon seit 1807 mit ihren Spirituosen präsent und bietet die „belebenden Wässerchen“ bis heute an. Ein Beweis dafür, dass Alkohol langzeitig konserviert.

Die Konfektionsfirma Karl Damm, hier auf einem Foto aus dem Jahr 1973, gibt es heute immer noch. Viele Jahre fand man sie in dem Eckhaus, in dem heute der Optiker Fielmann eine Niederlassung hat.

Nach dem Eckhaus, in dem lange Zeit bei Eichel Bücher und Schreibwaren erhältlich waren, beginnt die Fronstraße. Deren Nummerierung zählt ab dem Postamt weiter östlich bis an die Straße des Friedens. Gegenüber dem westlichen Ende der Fronstraße, in der „Breiten Straße 18“ war lange Zeit ein mehrstöckiges Textilhaus untergebracht. Heute kann man vom 1. Stock in angenehmer Atmosphäre das rege Treiben in der Fußgängerzone beobachten.
Die Fronstraße hieß 1828 Puttelgasse, so benannt nach den Stadtbütteln, die bis 1854 zum Stadtgefängnis gehörten (Fronhof).

Geschäft mit einer langen Tradition - Firma Emil Roßberg in der Breiten Straße Nr. 4.

Von den damals vielen Geschäften seien nur zwei große Händler erwähnt. So gab es auf der linken Seite seit 1869 in der „Fronstraße 19“ den Buchbinder und Papierwarenhändler Heinrich Kröner, der ein riesiges Angebot für Büro, Schule und Haushalt führte. Genauso wie ein paar Ecken entfernt beim Buchbinder Ball, standen auch hier zum Jahresende Menschenschlangen nach Raketen und Böllern an.

Foto 1: Blick in die Fronstraße Richtung Breite Straße 1960 / Foto 2: Blick in die Fronstraße Richtung Breite Straße 2015

Ein Stück weiter auf der rechten Straßenseite stand das mehrstöckige Warenhaus Kaschner. Dessen langgestreckte Verkaufsräume reichten weit in Meyers Hof, über den man bis zur parallelen Zwingerstraße laufen konnte.
In Meyers Hof befanden sich weitere kleine Läden und eine Gaststätte. Bei Kaschners gab es alles für Haus und Heim bis hin zum Kinderwagen. Vor allem Spielwaren lockten die begehrlichen Kinderaugen an. Im Februar 1972 wurde der Komplex wegen Baufälligkeit gesprengt. Weitere Hausabrisse in der Fronstraße und in ihrem Umfeld gab es 1986. Zwei Jahre später wuchsen Neubauten mit Geschäften im Erdgeschoss und Wohnungen in den oberen Etagen aus dem Boden. Ein Bestand an kleineren Altbauten in der Fronstraße blieb nur zwischen Kreuzstraße und Postamt bis heute erhalten.
In den Eckhäusern der Kreuzstraße und Fronstraße existierte viele Jahre der bekannte Kürschner- und Pelzladen Krumbiegel und ein Geschäft für Drogerie- und Malerbedarf. Am nördlichen Ende der Kreuzstraße treffen Bäckerstraße, Stadthausstraße und die Südwestecke des Obermarktes zusammen.

Seit 1818 ist die Löwenapotheke an der Ecke zur Kreuzstraße ansässig.

Letzterer ist das Einkaufszentrum auf der Muldeninsel. Zum Obermarkt gehören 28 Häuser. Haus Nr. 1 ist standesgemäß das 1912 erbaute prächtige neue Rathaus. Im Haus Nr. 2, ein Eckhaus zur Kreuzstraße, befindet sich die altbekannte Löwen-Apotheke. Diese wurde 1545 gegründet und am heutigen Standort können sich die Kunden seit dem 18.08.1818 zu „Risiken und Nebenwirkungen“ pharmazeutisch beraten lassen.
Zwei Häuser weiter in Nr. 4 konnte man im Rathaus-Café bei Kaffee und Kuchen sowie Klaviermusik eine Pause vom Einkaufsbummel einlegen.

Nach 190 Jahre endete am Obermarkt 5 die Geschichte der Firma Richter.

Seit dem Jahre 1823 werden bei Hut-Richter, Obermarkt Nr. 5, die Kunden „wohlbehütet“ und eingekleidet. Auf 52 m⊃2; Ladenfläche wird nun schon in sechster Generation bedient. Diese Schaufenster „sahen“ noch das alte Rathaus gegenüber, das 1909 von der Bildfläche verschwand.
Während der „Ur-Richter“ zuerst einen Laden in der Oschatzer Straße/Ecke Borngasse hatte, eröffnete einer der beiden Söhne das Geschäft 1823 im Haus Obermarkt Nr. 5.

Carl Rudolph machte das Haus am Obermarkt Nr. 9 zu einem großen Geschäft. Heute findet man hier u.a. die Redaktion der Döbelner Allgemeinen Zeitung.

Wieder zwei Häuser weiter im Haus Nr. 7 florierte viele Jahrzehnte lang der Handel mit dem gedruckten Wort. Schon vor der DDR-Zeit wurden dort Bücher verkauft. Über 40 Jahre gab es den Volksbuchhandel „Buch und Kunst“ mit angeschlossenem Schulbücherverkauf für Döbeln. Ab 1991 nahm dort die „Erich-Kästner-Buchhandlung“ die Wünsche der Kunden entgegen. Diese hat leider seit einiger Zeit ihren Verkauf eingestellt. Seitdem gibt es nach langer, langer Zeit am Obermarkt keinen Buchhändler mehr.
Kommen wir nun zum Eckhaus Obermarkt Nr. 8 an der Straße des Friedens. Hier handelte über viele Jahre Carl Rudolph auf zwei Etagen mit Eisenwaren und Haushaltgeräten. Links neben Nr. 8 stand noch das Kolbe-Haus. Zwischen diesem und dem Haus Obermarkt Nr. 9 war ein schmaler Durchgang in den damaligen Wiesenweg, der bis 1868 über den Muldensteg zur Haltestelle (Ostbahnhof) führte.
Als das Kolbe-Haus verschwand, entstand die Königstraße (Straße des Friedens). Das Haus Obermarkt Nr. 8 wurde von Rudolph zu dem großen Bau erweitert, wie wir ihn heute kennen. Die „Wendezeit“ brachte auch das Ende für Rudolph. Einige Jahre konnte man dort in der 1. Etage beim Chinesen essen - auch mit Stäbchen - wenn man wollte.

Blick auf den Obermarkt - rechts das Clemen-Haus, links eine Bäckerei, die 1912 einem repräsentativen Bankgebäude weichen musste Postkarte von 1904

Das gegenüberliegende Eckhaus ist das Clemen-Haus, das zur Straße des Friedens zählt. Clemen hatte 1784 eine Kolonialwarenhandlung und wurde durch seine Nachfahren ab 1908 in Döbeln in dem großen Werk in der Reichensteinstraße als Schokoladenfabrikant bekannt.
In der DDR-Zeit fand in dem Werk die Fertigung von Elektromotoren statt. In der Nachwendezeit ist dieser imposante Bau leider verschwunden.
Im Clemen-Haus am Markt kehrten die Döbelner lange Zeit gern zum Eis schleckern ein. Seit ein paar Jahren praktiziert dort ein Urologe.
Das Nachbarhaus Obermarkt Nr. 9 gehörte der Kaffee-Rösterei Rudolf Türpe. Später waren dort Lebensmittel und Feinkostwaren erhältlich. Türpes Ausstattung bestand wie bei alten Kaufmannsläden aus hohen Regalwänden. Im unteren Bereich mit vielen Schubkästen und auf dem Tresen standen eine große Waage und eine laut klingelnde Registrierkasse. Schüttbare Waren fanden sich in Papiertüten je nach Wunschmenge abgefüllt wieder. Kleine Kunden bekamen einen Bonbon auf den Weg und die Stammkunden erfuhren mit einem freundlichen „Auf Wiedersehen und besuchen sie uns bald wieder!“, was der Händler von ihnen verlangte.
In dem großen Haus mit der markanten Giebelreklame, Obermarkt Nr. 10, handelt bis heute die bekannte Firma Wagner mit Sämereien, Pflanzen und Gartenartikeln. Diese Firma gibt es seit 1870 in Döbeln und ist heute wieder in privaten Händen.

Allseits bekannt - Clemen-Haus und Samen-Wagner - für Döbelner ein Begriff.

In den Häusern Nr. 11 bis 13 haben die Besitzer der Läden oftmals gewechselt. Bekannt und über eine lange Dauer ansässig war der Optiker Schröter im Haus Nr. 12. Ab Haus Nr. 13 beginnt die Große Kirchgasse. Das Eckhaus linksseitig bildet den Anfang der Ostseite des Obermarktes. Das Schuhhaus Wahrig galt für viele als bekannte Adresse. Heute erkennt man es sofort, da es seinen ehemaligen Titel „Altes Amtshaus“ wieder erhielt.
Zu erwähnen ist noch, dass es im Haus Nr. 13 seit der Jahrtausendwende 2000 einen Durchgang zur Zwingerstraße gibt, der sich Rathauspassage nennt. Die dort angesiedelten kleinen Geschäfte „lebten“ jedoch nur wenige Jahre, da es an der Laufkundschaft fehlte. Es ist zu vermuten, dass die Döbelner lieber altgewohnte Wege in Anspruch nehmen. Ein Bäcker und ein Zahnarzt sind noch ansässig.
Die Marktostseite wird von den Häusern Nr. 14 bis 19 gebildet. Danach beginnt die Sattelstraße. Auffällig ist das große Haus Nr. 15, in dem vor langer Zeit das Hotel „Reichshof“ seine Gäste empfing. In den DDR-Jahren besuchten die Döbelner dort die Volkshochschule und heute ist es ein Büro- und Ärztehaus. Im Haus Nr. 19 konnten Döbelner Leseratten Bücher ausleihen.

Reichshof und Altes Amtshaus prägen die Ostseite des Obermarktes.

Der Obermarkt Nr. 20 ist ein Eckhaus eingangs der Sattelstraße. Dort flimmerten 1907 die ersten bewegten Kinobilder in Döbeln auf. Viele kauften später beim Händler Hauswald Porzellan und Glaswaren. Über einige Jahre konnte man dort Fahrräder und Zubehör erhalten. Aber den Händler haben die Hochwasser von 2002 und 2013 in trockenere Regionen nach Döbeln-Ost verschlagen. Im Haus Nr. 21, wo man schottisch traditionell bei Mac Geiz einkauft, ging es früher recht teuer zu. Dort war ein sogenannter Delikat-Laden der DDR mit Waren, die bei HO und Konsum nicht in den Regalen standen.
Beenden wir unseren Bummel auf dem Obermarkt mit einer Stippvisite an den vier Eckhäusern des zentralen Häuserblockes. Im Haus Nr. 22 als Eckhaus zur Marktstraße war einmal das „Café Central“ (Café Ecke). Viele Jahre danach fanden die Büroräume der Handelskette KONSUM ihren Unterschlupf. Das Haus verfiel nach der Wende. Als Folge stand der Abriss im August 2014. Die gute Botschaft lautet, noch im Jahre 2015 wird dort eine Anwaltskanzlei ihr neues Domizil errichten.

Seit 1913 beherbergt das Haus Obermarkt Nr. 27 Finanzinstitute. Derzeit hat hier die Commerzbank ihren Sitz.

Vorbei an dem Frisörhaus Besser kommen wir zum nächsten Eckhaus, der Nr. 24. Dort war viele Jahre der Buchhändler Krebs tätig. Ihm folgte die Döbelner Kunststube mit ihren einladenden Schaufenstern, in denen heute schöne erzgebirgische Holzschnitzkunst auf Käufer warten. Diese begehrten Geschenkartikel gab es zu DDR-Zeiten nur für die „guten“ Kunden als sogenannte „Bückdichware“ aus den Regionen unterhalb des Ladentisches.
Wir wechseln zur Südwestecke des Häuserviertels, zu Haus Nr. 27. Einst gab es dort Brot und Brötchen in der „Mohren“-Bäckerei. Im Jahre 1912 entstand hier passend zum neuen Rathaus ein prächtiger Bau, in dem seit 1913 „größere Brötchen“ gebacken werden. Es ist nämlich ein Bankgebäude, in dem lange Zeit die Dresdener Bank, dann die Staatsbank der DDR und nun die Commerzbank ansässig war und ist.
Der Obermarkt Nr. 28 ist das große Eckhaus zur Marktstraße gegenüber dem Rathaus. Hier war früher die Wäschenäherei Walter Hoppe. Nach einem Um- und Neubau konnte man bis vor einem Jahr die Redaktion der „Döbelner Allgemeinen Zeitung“ finden. Seit 2014 ist selbige im Haus Obermarkt Nr. 8 zu Hause.
Kehren wir nun zur Sattelstraße zurück. Erwähnt sei hier in ihrer Mitte das Haus Nr. 9. Darin konnte man bei Uhren-Wolf einen Regulator oder gediegenen Schmuck erhalten. Seit kurzer Zeit kann man sich dort in einer urigen Gaststätte namens „Schlawutzke“ gastronomisch verwöhnen lassen.

Von einer Buchhandlung zur Döbelner Kunststube.

Das Haus „Sattelstraße Nr. 6“ an der Ecke zur Ritterstraße beherbergte bis zum Abriss den Kolonialwarenhändler Uhlmann und danach über viele Jahre ein Imbiss-Eck. Von den vier Häusern dieses Ritterstraßenstückes zwischen Sattelstraße und Kleiner Kirchgasse fiel die „Ritterstraße Nr. 24“ dem Bagger zum Opfer. Darin befand sich über längere Zeit die Oberbrücken-Drogerie. Eines der beiden übrig gebliebenen Häuser hatte in der DDR-Zeit Statussymbol. In dem dortigen „Intershop“ konnten Bürger mit „Westgeld“ Waren kaufen, die wir heute in jedem Supermarkt bekommen.
Zum Abschluss noch ein paar Schritte entlang der Ritterstraße bis hin zur Oberbrücke. In dem Eckhaus „Ritterstraße Nr. 20“ ist seit langer Zeit die Oberbrücken-Apotheke untergebracht.

Blickfang am Ende der Kleinen Kirchgasse - die Apotheke an der Oberbrücke

Wir schauen von der Oberbrücke flussabwärts in Richtung Klosterviertel. Dort in der Klosterstraße Nr. 4 muss in unserem Aufsatz noch ein Laden erwähnt werden, der von 1880 bis 2001 als eine gute Einkaufsadresse in Döbeln galt. Schmiedel - vier Generationen betrieben das Geschäft für Lebensmittel, Gemüse und vieles mehr bis hin zu Einkellerungskartoffeln und Weihnachtsbäumen. Es war ein Tante-Emma-Laden in seiner besten Art. Einer der Betreiber, Karl Schmiedel, fuhr mit einem alten Transportauto weit über die Dörfer der Region und schaffte Waren heran, die man in anderen Läden nie im Angebot fand.
Heute können wir im Supermarkt Waren kaufen, die um die halbe Welt gefahren sind. Unser Karl Schmiedel brachte uns die Waren aus unserer damals noch eingegrenzten Welt. Aber wir denken trotzdem noch gerne an jene Jahre zurück, wenn es in Döbeln hieß: „Bei Schmiedels gibt es Pilze aus dem Erzgebirge!“
Nun, etwas fußmüde geworden, beenden wir unseren Einkaufsbummel auf der Döbelner Muldeninsel.

Wir hoffen, damit alte Erinnerungen und versöhnliche Gedanken bei allen geweckt zu haben, und wünschen Ihnen künftig immer einen guten Einkauf in Döbeln.

Gerhard Heruth
"Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln" e.V.
Mitgliederinformation Nr. 48
Mai 2015