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Signalinstrumentenfabrik Otto Oscar Schmidt

  • Horn- und Holzdrechselei haben in Döbeln eine lange Tradition und spielen z.B. bei der Herstellung von Tabakpfeifen eine wichtige Rolle.
  • Am 26. September 1899 gründet Horndrechselmeister Hermann Hildebrandt unter sehr bescheidenen Verhältnissen am Staupitzsteg eine Firma, die Hornsignalpfeifen herstellt. Er hatte viele Jahre in den Drechselwerkstätten der Gebrüder Müller und Walter Rothes gearbeitet.
  • 1901 wird sein Schwiegersohn, der Graveur Otto Oscar Schmidt Teilhaber. Er hat sein Handwerk bei Tümmler gelernt und erweitert die Produktpalette durch die Herstellung von Metall-Signalpfeifen, Windlock-Instrumente und Massenartikel aller Art. Das Unternehmen hat auch exklusive Artikel im Angebot. So gehört es zu den wenigen Anbietern von "lautlosen Hundepfeifen".
Die Anfänge - Staupitzstraße 26
  • Die kleine Werkstatt am Staupitzsteg wird schon bald zu eng. Sechs Jahre produziert man in der Staupitzstraße 26 und zieht dann in die Bahnhofstraße 71, ins ehemalige Domizil der Müllerschen Spritzenfabrik. Hier gibt es schon einen Stromanschluss des nahegelegenen Elektrizitätswerks der Stadt Döbeln. Der Betrieb erweitert seine Produktion, die Zahl der Mitarbeiter wächst.
  • Hildebrandt und Schmidt verlagern deshalb den Betrieb 1910 in die Bahnhofstraße 16. Durch die zahlreichen Betriebe der Metallindustrie gibt es bei Fachkräften keinen Engpass. Anders sieht es bei den sog. "Stimmern" aus, die für den richtigen Klang der Instrumente sorgen. Diese wirbt man u.a. in den Zentren des Musikinstrumentenbaus Klingental und Markneukirchen an.
  • Otto Oskar Schmidt engagiert sich für die Stadt Döbeln, ist seit 1912 Stadtverordneter und Mitglied des Ratskollegiums.
  • 1914 arbeiten über 50 Mitarbeiter für die Firma "Hermann Hildebrandt & Co". Der Erste Weltkrieg bringt dann allerdings die Produktion fast zum Erliegen. Viele Arbeiter, auch Otto Oscar Schmidt selbst, werden zum Militär eingezogen. In Döbeln läuft nur noch ein Notbetrieb, u.a. werden Töpfe gelötet. Schmidt überlebt den Krieg und nimmt 1918 in der Bahnhofstraße 16 wieder die Produktion auf. Er vergrößert die Firma von Jahr zu Jahr.
Briefkopf des Unternehmens aus dem Jahr 1921
Deatilvergrößerung der Zeichnung des Firmenareals in der Bahnhofstraße 16

Otto Oscar Schmidt wohnte in der Bahnhofstraße 16. Im Grundstück hinter dem Wohnhaus waren die Produktionsstätten seiner Signalinstrumentenfabrik, die später vom VEB DBM genutzt wurden und heute noch erhalten sind. (1) Wohnhaus Bahnhofstraße 16 (2) Ansicht im Hinterhof (3) Ansicht der Gebäude aus Richtung der Asylbewerberunterkunft

  • 1919 geht der Gründer Hermann Hildebrandt in den Ruhestand. Seit diesem Jahr nennt sich der Betrieb "Signalinstrumenten- und Metallwarenfabrik Otto Oscar Schmidt". Der neue Chef macht das Unternehmen zu einer führenden Firma der Signalinstrumenten-Branche Deutschlands.
  • Die Stromversorgung der neuen Produktionsgebäude und die Anschaffung neuer Maschinen ermöglichen eine zunehmende Spezialisierung auf die Verarbeitung von Metall. Die Firma stellt immer noch Signalpfeifen aus Horn, Holz und Metall her, zunehmend aber auch Signalhörner für Eisenbahn, Feuerwehr und Militär sowie Signalhupen für Automobile, Motorboote und Fahrräder. Auch komplizierte Signalsirenen, Hörner, Fanfaren und Trompeten gehören zum Sortiment.
  • Große Abnehmer sind die Eisenbahn- und Militärverwaltungen. Es wird in alle Erdteile exportiert. 1924 hat sich die Zahl der Beschäftigten auf ca. 350 erhöht. Allein 20 Büroangestellte sorgen für einen reibungslosen Ablauf der Produktion. Neue Gebäude gestatten eine Erweiterung der Produktion.
  • Am 11. Oktober 1924 begeht die Firma ihr 25jähriges Betriebsjubiläum mit einem großen Festball im Döbelner Schützenhaus. Der Ball wird von verschiedenen Künstlern, einem Orchester und Chören gestaltet.
Briefkopf der Firma aus dem Jahr 1931 (Stadtarchiv Döbeln)
Werbebroschüre der Firma, 1930er Jahre (Auszug)
  • In den 1930er Jahren zieht sich Schmidt aus dem Geschäft zurück. Die Firma nennt sich "Otto Oscar Schmidt Söhne - Sächsische Signalinstrumentenfabrik". Inhaber ist Dr. Curt Schmidt.
  • Nach dem Zweiten Weltkrieg liegt das ganze Land und auch die Firma der Schmidts am Boden. In einem Notbetrieb lötet man Kochtöpfe und stellt Zigarettenschachteln aus Metall her. Das Unternehmen bleibt vorerst in privatem Besitz. Deshalb wird es bei der Zuweisung von Material und bei der Zahlung von Löhnen benachteiligt. Eine Wiederaufnahme des alten Sortiments ist nicht möglich. Der Betrieb führt u.a. für die Metallfabriken Dathe in Roßwein und Bühnert in Döbeln Lohnarbeiten durch.
Briefkopf der Firma aus dem Jahr 1947 (Stadtarchiv Döbeln)
  • Anfang der 1970er Jahre wird das Unternehmen aufgelöst. Die Gebäude werden danach vom VEB DBM für die Lehrlingsausbildung genutzt und Schülerinnen und Schüler der Polytechnischen Oberschulen werden in den Lehrwerkstätten im Fach "Produktive Arbeit" unterrichtet.

Konkurrenz belebt das Geschäft!

Otto Oscar Schmidt war zwar der "Platzhirsch" unter den Signalinstumenteherstellern in Döbeln. Er war aber nicht der einzige Produzent. Richard Schietzel betrieb eine kleine Produktionsstätte in der Leipziger Straße 6 und auch die Firma M. Rudolf Gasch stellt Signalinstrumente her. Döbeln ist um 1900 ein kleines „Mekka“ dieser Branche.

Werbeanzeige aus dem Jahr 1914

© Michael Höhme, "Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln" e.V.

Quellen:
Pressausschuss für das Heimatfest (Hg.): Aus der Heimat. Festschrift zum Heimatfest. Döbeln 20.-22. Juni 1914, S. 91
Stockmann, Gottfried: Die Stadt Döbeln als Standort der Industrie. Borna Leipzig 1928, S. 94ff.
Materialsammlung Karlheinz Enzmann (nicht veröffentlicht)

Bildnachweis:
Werbeanzeige 1914 - Pressausschuss für das Heimatfest (Hg.): Aus der Heimat. Festschrift zum Heimatfest. Döbeln 20.-22. Juni 1914
Alle Abbildungen/Fotos ohne Vermerk stammen aus der „Sammlung Döbeln“ von Michael Höhme.